Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 4/2013
1. Keine Steuerhinterziehung bei Geltendmachung eines vom Finanzamt fehlerhaft festgestellten Verlustvortrags
2. Arbeitgebern drohen Steuernachforderungen für vermeintlich freiwillige Leistungen
Sehr verehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,
die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.
1. Keine Steuerhinterziehung bei Geltendmachung eines vom Finanzamt fehlerhaft festgestellten Verlustvortrags
Wer eine fehlerfreie Steuererklärung abgegeben und durch einen Fehler des Finanzamts einen Bescheid über die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags erhalten hat, begeht keine Steuerhinterziehung, wenn er in der Einkommensteuererklärung für ein Folgejahr den festgestellten Verlustvortrag in Anspruch nimmt. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 4. Dezember 2012 VIII R 50/10 entschieden.
Im Streitfall hatte der Kläger für Veranlagungszeiträume vor den Streitjahren fehlerfrei positive Einkünfte erklärt, die das Finanzamt fehlerhaft als negative Einkünfte erfasst und einen verbleibenden Verlustvortrag festgestellt hatte.
Die Einkommensteuererklärungen für die Vorjahre wiesen zutreffend positive Einkünfte aus. Auch die Erklärungen für die Folgejahre waren weder unrichtig noch unvollständig, denn die Bestandskraft des Verlustfeststellungsbescheids berechtigt dazu, den materiell unzutreffend festgestellten Verlustvortrag in Anspruch zu nehmen.
Insbesondere war der Kläger nicht dazu verpflichtet, das Finanzamt auf die Fehlerhaftigkeit des Bescheids hinzuweisen, da er seine Erklärungspflichten vollständig und richtig erfüllt hatte. Auch § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung sieht eine Berichtigungspflicht im Anschluss an eine abgegebene Steuererklärung u.a. nur vor, wenn diese Erklärung “unrichtig oder unvollständig” war.
2. Arbeitgebern drohen Steuernachforderungen für vermeintlich freiwillige Leistungen
Die gut gemeinte, steuerlich attraktive und oft propagierte Zusatzleistung zum Gehalt hat weitgehend ausgedient. Was lange bei Verhandlungen über Gehaltserhöhungen galt und in vielen Arbeitsverträgen verankert ist, wird durch die aktuelle Rechtsprechung eingeschränkt.
Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH), dass nur wirklich freiwillige Arbeitgeberleistungen „zusätzlich“ zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden (BFH VI R 54/11, vom 19.9.2012). Bisher wurden Zusatzleistungen wie z.B. Krankheitskostenzuschüsse, Internetpauschalen, Fahrkostenzuschüsse oder Kindergartenzuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn gezahlt, was auch die Finanzverwaltung als ausreichend erachtete, sie als steuerfrei oder steuerbegünstigt einzustufen. Seit dem BFH-Urteil ist jedoch klar, dass das Gros der bisherigen Vereinbarungen zum ohnehin geschuldeten Lohn zählt und damit steuerpflichtig ist.
Stellt sich im Rahmen einer Prüfung durch das Finanzamt heraus, dass die den Arbeitnehmern gewährten Zusatzleistungen nicht den arbeitsrechtlichen Freiwilligkeitsanforderungen genügen, sind fehlende Steuern nachzuentrichten. Das könnte durch den Arbeitnehmer geschehen. Die Finanzämter können jedoch nach eigenem Ermessen entscheiden, auch den Arbeitgeber für die Abführung der Lohnsteuer in Anspruch zu nehmen, besonders wenn es sich um eine Mehrzahl gleichgelagerter Fälle handelt.
Einige Beispiele:
– Allgemeine Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsvertrag, also solche ohne konkreten Bezug zu einer bestimmten Leistung, reichen nicht aus.
– Klauseln wie etwa „alle sonstigen Leistungen des Arbeitgebers erfolgen freiwillig und ohne Rechtsanspruch“ sind nicht ausreichend, wenn der Arbeitgeber später eine Leistung gewährt und sich alsdann von dieser Leistung unter Hinweis auf den Freiwilligkeitsvorbehalt verabschieden will. Der Arbeitnehmer muss nämlich im Vorfeld erkennen können, ob es sich um eine freiwillige Leistung oder eine solche mit Rechtsanspruch handelt.
– Ein Freiwilligkeitsvorbehalt muss sich auf die konkrete Leistung beziehen und darf keinen Zusammenhang mit der Gegenleistung „Arbeit“ haben.
– Der Freiwilligkeitsvorbehalt selber muss klar und unmissverständlich sein. Die weit verbreitete Klausel „freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs“ ist intransparent. Widerrufen werden kann nur ein bestehender Anspruch. Dies kollidiert mit einer „freiwilligen“ Leistung, die gerade voraussetzt, dass ein Anspruch nicht besteht.
– Ist etwa im Rahmen einer Verhandlung über Gehaltserhöhungen eine entsprechende Zusage zu einem Zuschuss statt Gehaltserhöhung erfolgt, hilft der Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag nicht (Vorrang der Individualabrede). Gleiches gilt, wenn der Zuschuss im Arbeitsvertrag konkret benannt wird als freiwillige Leistung, später aber im Rahmen einer Erhöhung des Zuschusses eine Zusage erfolgt.
Wirksam könnte eine Vereinbarung wie folgt gefasst werden: „Wir gewähren eine Zusatzleistung in Form eines …zuschusses als freiwillige Leistung, die ohne Rechtspflicht gewährt wird und auch bei wiederholter Zahlung keinen Rechtsanspruch für die Zukunft begründet.“ Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt lässt dem Arbeitgeber die Freiheit, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Leistung erbracht werden soll.
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