04 / 2016

Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 4/2016

  1. Rolle rückwärts – die Verwaltungsanweisung für die Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen wird aufgehoben
  2. Ehescheidungskosten sind weiter steuerlich abzugsfähig
  3. Ist das Gewinn-Vorab-Modell durch den BFH abgeschafft worden
  4. Der BFH missbilligt Arbeitszeitkonten für Gesellschafter-Geschäftsführer
  5. Realteilung bei Ausscheiden eines Gesellschafters
  6. Die Nullbeteiligung bei freiberuflichen Praxen: Zwei nicht überzeugende Entscheidungen des

VIII. Senats des BFH

Sehr verehrte Mandantin,

sehr geehrter Mandant,

die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den

Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den

Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne

Berechnung.

  1. Rolle rückwärts – die Verwaltungsanweisung für die Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen wird aufgehoben

Die aktuelle Diskussion über die Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen nimmt erneut Fahrt auf. In jüngster Vergangenheit hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Schreiben vom 18.2.2016 bereits angekündigt,

„dass die obersten Finanzbehörden der Länder sich darauf verständigt haben, die Anwendungsregelung, wie sie im BMF-Schr. v. 29.6.2015 enthalten ist, zu verlängern. Danach können die Entscheidungsgrundsätze erstmals auf Verträge angewendet werden, die nach dem 30. Juni 2016 abgeschlossen werden.“

Nunmehr scheint die Finanzverwaltung mit der Aufhebung des ursprünglichen BMF-Schreibens noch einen Schritt weiter zu gehen und der Forderung des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) und weiterer Vertreter aus der Praxis nachzukommen.

Der DStV begrüßt die zu erwartenden Rückkehr zur Anwendung der alten Rechtslage ausdrücklich, da hierdurch unnötiger Bürokratieaufwand vermieden wird und die Vorgehensweise praxisbewährt ist. Die Gewinnrealisierung würde dann nur noch in den Fällen eintreten, die dem Sachverhalt des BFH-Urteils vom 14.5.2014 (Az.: VIII R 25/11) entsprechen. Gewinnrealisierungen sollen somit nur für Abschlagszahlungen im Sinne des § 8 Abs. 2 HOAI in der Fassung vom 21.9.1995 anfallen. Keine Anwendung würde das Urteil auf Abschlagszahlungen gemäß § 15 der 2013 modifizierten HOAI und nach § 632a BGB finden.

 

  1. Ehescheidungskosten sind weiter steuerlich abzugsfähig

Das FG Köln hat mit Urteil vom 13.1.2016 – 14 K 1861/15 zur Frage Stellung genommen, ob

Ehescheidungskosten auch aufgrund der neuen Rechtslage weiterhin steuerlich abzugsfähig sind.

Das FG Köln ist in seinem Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kosten auch nach der heutigen Rechtslage weiterhin abzugsfähig sind, da die Rechtsanwalt- und Gerichtsgebühren eines Scheidungsverfahrens nicht unter den Begriff “Prozesskosten” i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG fallen.

  1. Ist das Gewinn-Vorab-Modell durch den BFH abgeschafft worden

Der VIII. Senat des BFH hat mit seiner Entscheidung vom 27.10.2015 – VIII R 47/12 für Unruhe beim steuerlichen Berater gesorgt, der sog. Gewinn-Vorab-Modelle begleitet hat.

In seiner Entscheidung hat der VIII. Senat deutlich gemacht, dass er die in der Literatur vertretene Auffassung, dass bei einem Gewinn-Vorab-Modell keine Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge gegeben sind, für unzutreffend erachtet.

Der Verfasser dieser Newsletter hat regelmäßig davor gewarnt Gewinn-Vorab-Modelle mit einer betragsmäßigen “Deckelung” zu versehen.

Nun hat der VIII. Senat die Grenze jedoch wesentlich weiter gezogen.

Nach seiner Auffassung liegen bei einem Gewinn-Vorab-Modell stets Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge vor, soweit sich aus den vertraglichen Vereinbarungen ein Zusammenhang zwischen dem Gewinn-Vorab und dem Übertragungsvorgang entnehmen lässt.

Durch diese Entscheidung werden sich in der Praxis in allen noch offenen Sachverhalten erhebliche Änderungen bei der Ermittlung der Veräußerungsgewinne, der Zurechnung von laufenden Gewinnanteilen und bei der Erstellung von Ergänzungsbilanzen ergeben.

  1. Der BFH missbilligt Arbeitszeitkonten für Gesellschafter-Geschäftsführer

Mit der heute veröffentlichten Entscheidung vom 11.11.2015 – I R 26/12 hat der BFH das Führen von Arbeitszeitkonten für Gesellschafter-Geschäftsführer missbilligt.

Nach Auffassung des I. Senats des BFH ist es mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers nicht vereinbar, dass er durch die Führung eines Arbeitszeitkontos auf seine unmittelbare Entlohnung zu Gunsten später zu vergütender Freizeit verzichtet.

Im Ergebnis gelangt der I. Senat des BFH somit zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde mit einem Fremdgeschäftsführer kein Arbeitszeit- oder Zeitwertkonto vereinbaren.

  1. Realteilung bei Ausscheiden eines Gesellschafters

Im Steuerrecht versteht man unter einer Realteilung die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Mitunternehmern, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer die ihm bei der Aufteilung zugewiesenen Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Dieser Begriff hat sich durch die Rechtsprechung entwickelt und wurde bisher vom BFH sehr eng ausgelegt, da eine Realteilung bisher nur vorliegen sollte, wenn die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird.

Diese enge Sichtweise hat der BFH nun aufgegeben. Nach einem aktuellen Urteil liegt eine Real-teilung nun auch bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer fortbestehenden Mitunternehmer-schaft unter Mitnahme eines Teilbetriebs vor.

Die Frage, ob eine Realteilung vorliegt oder nicht, ist deshalb von Bedeutung, da diese nach dem Einkommensteuerrecht erfolgsneutral und somit ohne die Aufdeckung und Versteuerung von stillen Reserven erfolgen kann. Die Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter im Zuge einer Realteilung in ein Betriebsvermögen überführt, werden bei diesem dann mit den Buchwerten der Wirtschaftsgüter bei der alten Mitunternehmerschaft angesetzt.

Im Fall des BFH schied eine von drei Gesellschaftern aus einer Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät aus. Sie wurde in der Weise abgefunden, dass sie eine Zweigniederlassung übernahm und ihr zusätzlich noch eine bis zu ihrem 65. Lebensjahr zu zahlende monatliche Rente zugesichert wurde. Die anderen beiden Gesellschafter führten die Sozietät in der Hauptniederlassung weiter.

Das Finanzgericht war bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass hier insoweit ein Teilbetrieb übertragen wurde. Nach der Meinung des Bundesfinanzministeriums hat die Steuerpflichtige dagegen eine einkommensteuerpflichtige Sachwertabfindung erhalten, die zur Aufdeckung stiller Reserven führte. Die Buchwertfortführung sei eine Begünstigung, die ähnlich wie der Veräußerungsfreibetrag und die Tarifermäßigung bei außerordentlichen Einkünften, dem letzten Rechtsakt der Mitunternehmerschaft vorbehalten sei.

Der BFH sah dies anders. Eine Realteilung könne auch dann vorliegen, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheide und die Mitunternehmerschaft von den verbliebenen Mitunternehmern fortgesetzt werde. Für dieses geänderte Verständnis des Realteilungsbegriffs spreche auch der Gesetzeszweck, so der BFH. Das Rechtsinstitut der Realteilung bezwecke, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht zu belasten, solange die steuerliche Erfassung stiller Reserven sichergestellt sei. Da eine Mitunternehmerschaft nicht nur durch ihre vollständige Auflösung, sondern auch durch das Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Mitnahme eines Teilbetriebs sinnvoll umstrukturiert werden könne, sei hier der Gesetzeszweck erfüllt. Dass im vorliegenden Fall vor der Teilbetriebsübertragung dem übernommenen Teilbetrieb erhebliche liquide Mittel zugeordnet wurden, sei ebenfalls unschädlich.

Werde dem ausscheidenden Mitunternehmer daneben allerdings eine Rente zugesagt, die aus künftigen Erträgen der fortbestehenden Sozietät oder dem Vermögen der Gesellschafter zu leisten sei und sich nicht als betriebliche Versorgungsrente darstelle, so erfülle der ausscheidende Gesellschafter insoweit aber einen begünstigten Veräußerungstatbestand. Als Veräußerungsgewinn sei der Kapitalwert der Rente, zuzüglich der Buchwerte des übernommenen Teilbetriebs, abzüglich etwaiger Veräußerungskosten und des Werts des Kapitalkontos anzusetzen.

Hatte – wie im vorliegenden Fall – die Mitunternehmerschaft ihren Gewinn zuvor durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, so muss sie zwecks Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes zwingend zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich übergehen.

Hinweis:

Wie dem Urteil zu entnehmen ist, hatte der III. Senat des BFH vor seiner Urteilsverkündung zunächst beim IV. und VIII. Senat des BFH angefragt, ob diese die Rechtsprechungsänderung mittragen würden, welche dies bejahten. Eine Anrufung des Großen Senates war daher nicht erforderlich.

Die geänderte Rechtsprechung ermöglicht nun neue Gestaltungsmöglichkeiten bei der Auseinandersetzung von Mitunternehmerschaften.

Quelle: BFH-Urteil vom 17. September 2015, III R 49/13, DStR 2016 S. 377

  1. Die Nullbeteiligung bei freiberuflichen Praxen: Zwei nicht überzeugende Entscheidungen des VIII. Senats des BFH

Der VIII. Senat des BFH hat mit am 30.03.2016 veröffentlichten Urteilen vom 3.11.2015 VIII R 62/13 und VIII R 63/13 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Nullbeteiligungen bei freiberuflichen Praxen ausführlich Stellung genommen.

In der Entscheidung vom VIII R 63/13 befasst er sich im Wesentlichen mit der Beantwortung der Frage, ob die Null-Beteiligte im Urteilssachverhalt als Mitunternehmerin zu qualifizieren ist. Dabei gelangt der VIII. Senat – vereinfacht formuliert – zu dem Ergebnis, dass weder die Mitunternehmerinitiative, noch das Mitunternehmerrisiko ausreichend ausgeprägt seien.

In seiner Entscheidung VIII R 62/13 befasst er sich zusätzlich mit der Beantwortung der Frage, ob die beteiligten Mitunternehmer leitend und eigenverantwortlich tätig gewesen sind. Der VIII. Senat verneint die Frage und gelang somit zwangsläufig zur Annahme eines Gewerbebetriebs.

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