2 / 2020

Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 2 / 2020

1. Neues Musterklageverfahren zur Abschaffung des Solidaritätszuschlages: Wem nutzt das?

2. Der Solidaritätszuschlag war im Jahre 2011 verfassungsgemäß: Das hat der BFH mit Urteil vom 14.11.2018 – II R 63/15 entschieden.

3. Eine grundlegende Entscheidung des BFH: Der Untergang von Gewerbeverlusten bei Betriebsverpachtung (Betriebsaufspaltung)

4. Achtung bei der Beratung von Lohnmandaten: Der Gesetzgeber beabsichtigt die neue Rechtsprechung des BFH zur Thematik der „Vergütungen zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn“ mit einem „Nichtanwendungsgesetz“ zu versehen

5. Gutscheine im neuen Sachbezugsrecht § 8 Abs. 1 EStG wurde mit Wirkung ab 01.01.2020 verändert

6. BFH kontra BMF: Zwei sehr grundsätzliche Aussagen des BFH zur tarifbegünstigten Veräußerung einer freiberuflichen Praxis

 

Sehr verehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,

die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.

1. Neues Musterklageverfahren zur Abschaffung des Solidaritätszuschlages: Wem nutzt das?

Der BdSt hat eine Klage zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags angestoßen. Nach Ansicht des Verbandes erfolgt die geplante Abschaffung (ab 2021) zu spät.  

Geplante Abschaffung des Solidaritätszuschlages

Beim FG Nürnberg wurde von einem Ehepaar mit Unterstützung des BdSt Klage gegen den Solidaritätszuschlag eingereicht (Az.: 3 K 1098/19). Als Anlass gibt der BdSt in seiner Presse-

meldung die feste Absicht der Bundesregierung, die Ergänzungsabgabe auch im Jahr 2020 von Bürgern und Betrieben weiter zu erheben, an. In der Klage geht es explizit um das Jahr 2020.

Eine geplante Abschaffung ab 2021 kommt nach Auffassung des Verbandes zu spät. 

BdSt, Meldung v. 22.08.2019

2. Der Solidaritätszuschlag war im Jahre 2011 verfassungsgemäß: Das hat der BFH mit Urteil vom 14.11.2018 – II R 63/15 entschieden 

Die Kläger erzielten im Jahre 2011 Einkünfte u.a. aus nichtselbständiger Arbeit und in geringem Umfange aus Gewerbebetrieb, für die Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag festgesetzt wurden.

Sie begehrten, aus Gründen der Gleichbehandlung, den Solidaritätszuschlag für ihre gesamten Einkünfte so zu berechnen, als handelte es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In diesem Fall wäre nämlich Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet worden und der Solidaritätszuschlag wäre im Ergebnis geringer ausgefallen.

Der BFH hat die Erhebung des Solidaritätszuschlages im Jahre 2011 für verfassungsgemäß erachtet. Er hat auch die geringere Belastung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beim Solidaritätszuschlag mit Blick auf deren typische Gesamtbelastung durch Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer nicht beanstandet.

Die Entscheidung misst – nach der Beurteilung des BFH – dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Erhebung der Ergänzungsabgabe sowie seiner Typisierungsbefugnis für deren Ausgestaltung maßgebende Bedeutung zu.

3. Eine grundlegende Entscheidung des BFH: Der Untergang von Gewerbeverlusten bei Betriebsverpachtung (Betriebsaufspaltung)

Der BFH hat mit Urteil vom 30.10.2019 – IV R 59/16 entschieden, dass gewerbesteuerliche Verlust-vorträge bei der Verpachtung des Betriebs einer gewerblich geprägten Personengesellschaft untergehen können.

Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Kürzung des Gewerbeertrags um Verluste aus früheren Jahren u.a. die sog. Unternehmensidentität voraus. Danach muss der Gewerbetrieb, in dem die Verluste entstanden sind, mit dem Gewerbebetrieb identisch sein, der den Abzug der Verluste begehrt. Dies hängt davon ab, ob die tatsächlich ausgeübte Betätigung die gleiche geblieben ist. Ist dies nicht der Fall, geht der Verlustvortrag unter.

Im jetzt entschiedenen Fall hatte sich eine Unternehmensgruppe umstrukturiert, was für die zu beurteilende gewerblich geprägte KG bedeutete, dass sie in einem Zwischenschritt ihren Betrieb an eine andere Gesellschaft der Unternehmensgruppe verpachtete. Nach einem Jahr wurde der Pachtvertrag wieder aufgehoben, die bisherige Pächterin erwarb Teile des Betriebsvermögens von der Personengesellschaft und mietete nur noch das Betriebsgrundstück an.

Das Finanzamt war der Meinung, dass der bisherige Betrieb mit Übergang zur Verpachtung jedenfalls gewerbesteuerlich beendet worden sei. Bisherige Verlustvorträge seien damit entfallen und könnten nicht mit späteren Gewinnen verrechnet werden. Das FG gab der Klage statt.

Vor dem BFH hatte das Urteil der Vorinstanz jedoch keinen Bestand. Der BFH verwies die Sache an das FG zurück.

Er führte aus, dass es – entgegen der Auffassung des FG – nicht ausreicht, wenn der Gewerbebetrieb im Anrechnungsjahr wieder mit dem des Verlustentstehungsjahrs identisch ist, in der Zwischenzeit aber die werbende Tätigkeit nicht nur vorübergehend unterbrochen oder eine andersartige werbende Tätigkeit ausgeübt wurde. Vielmehr muss die Unternehmensidentität ununterbrochen bestanden haben.

Sollte sich im zweiten Rechtsgang ergeben, dass es mit der Verpachtung zu einer Betriebsauf-spaltung gekommen sei, habe die Unternehmensidentität von der Verpachtung an für die Dauer der personellen und sachlichen Verflechtung fortbestanden.

4. Achtung bei der Beratung von Lohnmandaten: Der Gesetzgeber beabsichtigt die neue Rechtsprechung des BFH zur Thematik der „Vergütungen zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn“ mit einem „Nichtanwendungsgesetz“ zu versehen

Der BFH hat im letzten Jahr seine Rechtsprechung zur Annahme von zusätzlich zum Arbeitslohn gewährten Vergütungen positiv für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer verändert, vgl. BFH v. 1.6.2019 VI R 32/18, DStR 2019, 2247.

Der Gesetzgeber beabsichtigt, dies durch die Einfügung eines neuen § 8 (4) EStG zu negieren.

Aus diesem Grunde – und das wohl auch die Absicht des Gesetzgebers – ist große Zurückhaltung bei der Anwendung der neuen Rechtslage geboten. Denn der Gesetzgeber beabsichtigt die Änderung bereits für 2020 anzuwenden. Hierdurch könnte es im Laufe des Jahres 2020 zu erheblichen Lohnsteuerneuberechnungen kommen.

5. Gutscheine im neuen Sachbezugsrecht § 8 Abs. 1 EStG wurde mit Wirkung ab 01.01.2020 verändert 

Unverändert gilt der Höchstbetrag von € 44,00 pro Monat für Sachbezüge. Steuerschädlich ist unverändert die Umwandlung von Gehaltsbestandteilen in Sachbezüge.

Steuerschädlichen Charakter haben seit dem Jahreswechsel zusätzlich:

  • Zweckgebundene Geldleistungen
  • Nachträgliche Kostenerstattungen
  • Geldsurrogate
  • Andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.

Rückausnahmen:

Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdienstaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen, sind weiterhin als Sachlohn zu werten.

 

6. BFH kontra BMF: Zwei sehr grundsätzliche Aussagen des BFH zur tarifbegünstigten Veräußerung einer freiberuflichen Praxis

Der BFH hat mit Beschluss vom 11.2.2020, VIII B 131/19 zur vorstehenden Frage Stellung bezogen.

Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis (§ 18 Abs. 3 i.V.m. § 34 EStG) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen Tätigkeit entgeltlich und definitiv auf einen Anderen überträgt.

Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Wann eine „definitive“ Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab.

Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden kann, besteht nicht. Dementsprechend ist auch keine „Wartezeit“ von mindestens drei Jahren einzuhalten (Anschluss an BFH-Urteil vom 21.08.2018 – VIII R 2/15, BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64).

Grundsätzlich unschädlich ist es, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig wird.

Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung nicht entgegen (Anschluss an BFH-Urteil in BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64), und zwar auch dann nicht, wenn sie die Betreuung neuer Mandate umfasst (gegen BMF).

 

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