Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 5/2020
1. Ist die Rentenbesteuerung verfassungswidrig?
2. Verluste aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien können steuerlich geltend gemacht werden
3. Drei Grundsatzentscheidungen des BFH zum Ausschluss der erweiterten Kürzung bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen
4. Bar- und Sachleistungen, die ein Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer in der Zeit vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2020 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn leistet
Sehr verehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,
die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.
1. Ist die Rentenbesteuerung verfassungswidrig?
In dem jetzt veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts Saarland (Az. 3 K 1072/20) wird ein Musterverfahren zur Frage, ob eine Doppelbesteuerung von Renten im geltenden Recht existiert, geführt. In dem anhängigen Verfahren wendet sich der Kläger im Wesentlichen gegen die Besteuerung seiner gesetzlichen Altersrente. Daneben bezieht er eine Rente aus der Zusatz-versorgungskasse Saarland. Schwerpunkt der Klage ist die aus Klägersicht verfassungswidrige Doppelbesteuerung der Rentenbeiträge in der Einzahlungs- und der Auszahlungsphase. Wann eine Entscheidung getroffen wird, ist gegenwärtig offen.
Zur möglichen Doppelbesteuerung von Altersbezügen sind weitere Verfahren bereits vor dem BFH anhängig.
Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 1. Oktober 2019 (Rs. 8 K 3195/16) in der Besteuerung der Altersrenten keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung gesehen. Gegen diese Entscheidung ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (Az. X R 33/19).
Das Hessische FG hat mit Urteil vom 28. Mai 2018 (Rs. 7 K 2456/14) die Rentenbesteuerung ebenso als verfassungsgemäß angesehen. Auch gegen diese Entscheidung ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (Az. X R 20/19).
Wegen dem offenen Verfahrensausgang sollte gegenwärtig gegen Bescheide mit Renteneinkünften Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens mit Hinweis auf die beim BFH anhängigen Verfahren beantragt werden. Bislang enthalten die Einkommensteuerbescheide leider keinen Vorläufigkeitsvermerk, wenngleich dies wünschenswert wäre.
Einsprüche, die sich auf die beim BFH anhängigen Verfahren berufen, ruhen kraft Gesetz (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).
2. Verluste aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien können steuerlich geltend gemacht werden
Werden (nach dem 31.12.2008 erworbene) Aktien einem Aktionär ohne Zahlung einer Entschädigung entzogen, indem in einem Insolvenzplan das Grundkapital einer Aktiengesellschaft (AG) auf Null herabgesetzt und das Bezugsrecht des Aktionärs für eine anschließende Kapitalerhöhung ausgeschlossen wird, erleidet der Aktionär einen Verlust, der in entsprechender Anwendung von 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich geltend gemacht werden kann. Das hat der BFH mit Urteil vom Urteil vom 3.12.2019 VIII R 34/16 gegen die Auffassung des BMF entschieden. Das BMF war dem Revisionsverfahren beigetreten.
Im Streitfall hatte die Klägerin Namensaktien einer inländischen AG erworben. Im Streitjahr 2012 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet. In einem vom Insolvenzgericht genehmigten Insolvenzplan wurde gemäß § 225a Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) das Grundkapital der AG auf Null herabgesetzt und eine Kapitalerhöhung beschlossen, für die ein Bezugsrecht der Klägerin und der übrigen Altaktionäre ausgeschlossen wurde. Der börsliche Handel der Altaktien wurde eingestellt. Da die Klägerin für den Untergang ihrer Aktien keinerlei Entschädigung erhielt, entstand bei ihr ein Verlust in Höhe ihrer ursprünglichen Anschaffungskosten. Das Finanzamt weigerte sich, diesen Verlust zu berücksichtigen.
Das sah der BFH anders und gab der Klägerin Recht. Er beurteilte den Entzug der Aktien als steuerbaren Aktienveräußerungsverlust.
Zur Begründung führte der BFH aus, dass der Untergang der Aktien keine Veräußerung darstelle und auch sonst vom Steuergesetz nicht erfasst werde.
Das Gesetz weise insoweit aber eine planwidrige Regelungslücke auf, die im Wege der Analogie zu schließen sei. Die in § 225a InsO geregelte Sanierungsmöglichkeit sei erst später eingeführt worden, ohne die steuerliche Folgen für Kleinanleger wie die Klägerin zu bedenken. Es widerspreche den Vorgaben des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes in seiner Konkretisierung durch das Leistungsfähigkeits- und Folgerichtigkeitsprinzip, wenn der von der Klägerin erlittene Aktienverlust steuerlich nicht berücksichtigt werde, wirtschaftlich vergleichbare Verluste (z.B. aufgrund eines Squeeze-Out oder aus einer Einziehung von Aktien durch die AG) aber schon.
3. Drei Grundsatzentscheidungen des BFH zum Ausschluss der erweiterten Kürzung bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen
Drei Revisionsverfahren (III R 36/15, III-R-34/17 und III R 36/17) waren beim BFH zu der Frage anhängig, ob die Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen eine schädliche Nebentätigkeit nach 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG darstellt.
In zwei Fällen versagte der BFH die erweiterte Grundstückskürzung mit der Begründung, die erzielten Erträge seien nicht ausschließlich auf die Nutzung und Verwaltung von eigenem Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen. Zum Grundvermögen gehören nach dem BewG der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht jedoch Betriebsvorrichtungen. Die erweiterte Kürzung sei zweifach begrenzt: einerseits gegenständlich, d.h. ausschließlich auf eigenen Grundbesitz oder daneben auch auf eigenes Kapitalvermögen; zum anderen nach Art, Umfang und Intensität der Tätigkeit, d.h. dass die Unternehmen dieses Vermögen ausschließlich verwalten und nutzen dürften.
Die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen stelle sich nicht als zwingend notwendigen Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung dar. Darüber hinaus schließe die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen die erweiterte Kürzung auch dann aus, wenn sie einen nur geringfügigen Umfang annimmt.
Urteil vom 11.04.2019 (III-R 36/15): Neben einem Hotelgebäude wurden auch Ausstattungsgegenstände (Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken- und Büfettanlagen) mitvermietet. Beachten Sie: Das Urteil wurde am 15.11.2019 vom BMF für allgemein anwendbar erklärt.
Urteil vom 18.12.2019 (III R 36/17): Neben Grundbesitz wurde eine Tankstelle mit den dazugehörigen Betriebsvorrichtungen (Zapfsäulen, Rohrleitungen und Tanks sowie Bodenbefestigungen) im Rahmen eines einheitlichen Mietvertrages mitvermietet. Der BFH sah eine Schädlichkeit auch für den Fall an, dass die Betriebsvorrichtungen einer von mehreren auf dem vermieteten Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten dient.
Im dritten Streitfall entschied der BFH, dass es grundsätzlich für die Beantragung der erweiterten Grundstückskürzung und der Frage nach der schädlichen Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen darauf ankommt, wem – ungeachtet des zivilrechtlichen Eigentums – das wirtschaftliche Eigentum an den Betriebsvorrichtungen zuzurechnen ist. Ist der Mieter wirtschaftlicher Eigentümer von Betriebsvorrichtungen, ist dies nicht unschädlich für die Beantragung der erweiterten Grundstückskürzung beim Vermieter.
Urteil vom 28.11.2019 (III R 34/17): Für Zwecke der erweiterten Grundstückskürzung kommt es laut BFH auf das wirtschaftliche Eigentum an. Aus dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis sei der Willen der Vertragsparteien hinsichtlich der Zuordnung und Nutzung von etwaigen Betriebsvorrichtungen im Rahmen der Vermietung abzuleiten.
FAZIT: Die Urteile zeigen klar auf, dass der Begriff „Verwaltung und Nutzung“ i.S. des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht deckungsgleich mit dem einkommensteuerlichen Begriff der privaten Vermögensverwaltung ist. Betroffene Kapitalgesellschaften und gewerblich geprägte Personengesellschaften sollten diese Urteile beachten und bei künftigen Mietverträgen das (wirtschaftliche) Eigentum an Betriebsvorrichtungen vom Eigentum am Grundstück trennen. Auch geringfügige Mitvermietungen sind schädlich.
4. Bar- und Sachleistungen, die ein Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer in der Zeit vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2020 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn leistet
Diese Zahlungen bleiben auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 9.4.2020, DStR 2020, 795 bis zur Höhe von 1.500 € lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei.
Das BMF hat sich hierbei auf § 3 Nr. 11 EStG berufen, der bei enger Auslegung sicherlich nicht einschlägig sein dürfte. Das BMF-Schreiben ist somit als ein sachlicher Billigkeitserlass zu interpretieren.
Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld sind nicht befreit.
Betroffen von dieser Regelung könnte jedoch die Zahlung eines freiwilligen Weihnachtsgeldes sein.
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