13 / 2020

Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 13/2020

1. Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern
2. Anhängige Revision zur erweiterten Gewerbesteuerkürzung: Sind entgeltliche Reinigungsleistungen in fremden Gebäuden schädlich
3. Homeoffice: Können Telefonkosten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden?
4. Unterhaltszahlungen an Ex-Partner: Was gilt für Sonderausgabenabzug?
5. Grundsatzentscheidung des BFH: Können Sponsoringaufwendungen bei Freiberuflern zu Betriebsausgaben führen?
6. Zur steuerlichen Anerkennung von offenen inkongruenten Ausschüttungen
7. BFH zur Abziehbarkeit eines nachrangigen Nießbrauchs bei der Schenkungsteuer

Sehr verehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,

die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.


1. Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern

Mit Urteil vom 13.08.2020 – VI R 1/17 hat der BFH entschieden, dass die Zahlung eines Verwarnungsgeldes durch den Arbeitgeber nicht zu Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führt, der die Ordnungswidrigkeit (Parkverstoß) begangen hat.
Die Klägerin betrieb einen Paketzustelldienst im gesamten Bundesgebiet. Soweit sie in Innenstädten bei den zuständigen Behörden keine Ausnahmegenehmigung nach § 46 der Straßenverkehrs-Ordnung erhalten konnte, die ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen (z.B. Halteverbots- oder Fußgängerzonen) unter bestimmten Auflagen ermöglicht hätte, nahm sie es hin, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhielten. Wenn für diese Ordnungswidrigkeit Verwarnungsgelder erhoben wurden, zahlte die Klägerin diese als Halterin der Fahrzeuge.
Das Finanzamt war unter Verweis auf ein früheres BFH-Urteil der Ansicht, es handele sich hierbei um Arbeitslohn. Das Finanzgericht gab demgegenüber der Klägerin Recht.
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.
Er bestätigte das FG zunächst darin, dass im Streitfall die Zahlung der Verwarnungsgelder auf eine eigene Schuld der Klägerin erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat.
Im zweiten Rechtsgang hat das FG aber noch zu prüfen, ob den Fahrern, die einen Parkverstoß begangen hatten, nicht dadurch ein geldwerter Vorteil und damit Arbeitslohn zugeflossen ist, weil die Klägerin ihnen gegenüber einen Regressanspruch hatte, auf den sie verzichtet hat.
Dass es sich bei den zugrundeliegenden Parkverstößen um Ordnungswidrigkeiten im absoluten Bagatellbereich handelt, spielt nach dem BFH für die Beurteilung, ob Arbeitslohn vorliegt, keine Rolle.


2. Anhängige Revision zur erweiterten Gewerbesteuerkürzung: Sind entgeltliche Reinigungsleistungen in fremden Gebäuden schädlich?

Grundstücksunternehmen können unter bestimmten Voraussetzungen die erweiterte Gewerbesteuerkürzung in Anspruch nehmen. Dies setzt voraus, dass – neben den gesetzlich zulässigen Nebentätigkeiten – ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet oder genutzt wird.
Das FG Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Urteil vom 7.7.2020 (Az. 8 K 83320/17) die erweiterte Kürzung für den Fall von Reinigungsleistungen versagt.
Im Urteilsfall hatte ein Grundstücksunternehmen in der Rechtsform einer GmbH eine Mitarbeiterin (Minijob) angestellt. Diese putzte u.a. das im Eigentum der Gesellschafter-Geschäftsführer stehende teilweise zu eigene Wohnzwecke und teilweise fremdvermietete Gebäude. Hierfür wurden den Gesellschaftern von der GmbH Rechnungen gelegt.
Nach Begründung des Finanzgerichts verstößt die GmbH durch die Reinigungsleistungen gegen das Ausschließlichkeitsgebot. Dadurch hätte sie nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet. Die Übernahme von Reinigungsleistungen in fremden Gebäuden sei auch nicht als Betreuung von Wohnungsbauten unschädlich. Dabei sei es unerheblich, dass die schädliche Nebentätigkeit von untergeordneter Bedeutung sei. Bei der Beurteilung, ob erbrachte Leistungen im Rahmen der Vermögensverwaltung erbracht werden, sei darauf abzustellen, ob sie im überwiegenden wirtschaftlichen Interesse des Vermieters erbracht werden. Die Reinigungsleistungen in fremden Gebäuden sei nicht notwendiger Teil einer eigenen Grundstücksverwaltung. Zudem sei es unerheblich, ob die Leistungen nur kostendeckend und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt würden. Selbst eine bloße Kostenerstattung stellt ein Verstoß gegen die Ausschließlichkeit dar.


3. Homeoffice: Können Telefonkosten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden?

In Zeiten der Corona-Pandemie arbeiten viele Arbeitnehmer mittlerweile tageweise oder komplett von zu Hause aus. Die Tätigkeit im Homeoffice ist oftmals nicht in den Arbeitsverträgen vorgesehen, so dass Arbeitnehmer ihre privaten Telefon- und Internetanschlüsse; EDV-Geräte und Büromaterialien nutzen.

Im Steuerrecht bestehen zwei Möglichkeiten, die sich daraus ergebende Kostenbelastung des Arbeitnehmers abzumildern oder gleich ganz auf den Arbeitgeber abzuwälzen:

Werbungkostenabzug: Arbeitnehmer können selbstgetragene berufliche Kosten als Werbungs-kosten in der eigenen Einkommensteuererklärung geltend machen. Dies ist unabhängig davon möglich, ob zu Hause ein steuerlich anerkanntes häusliches Arbeitszimmer unterhalten wird oder nicht. Ist der berufliche Nutzungsanteil der Telekommunikationskosten auf die Schnelle nicht ermittelbar, darf der Arbeitnehmer pauschal 20 % der angefallenen Kosten, maximal 20 € pro Monat, als Werbungskosten abziehen. In diesem Fall sind keinerlei Nachweise für das Finanzamt zu sammeln. Weist der Arbeitnehmer dem Finanzamt hingegen den Anteil der beruflich veranlassten Telekommunikationskosten an den Gesamtkosten für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten im Einzelnen nach, kann er diesen beruflichen Anteil für den gesamten Veranlagungszeit-raum zugrunde legen. Dabei können die Grundgebühren und der Grundpreis der Anschlüsse entsprechend dem beruflichen Anteil der Verbindungsentgelte an den gesamten Verbindungsentgelten (Telefon und Internet) abgezogen werden. Zur weiteren Vereinfachung darf der Arbeitnehmer beim Werbungskostenabzug den monatlichen Durchschnittsbetrag, der sich aus den Rechnungsbeträgen für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten ergibt, für den gesamten Veranlagungszeitraum zugrunde legen.

Steuerfreie Arbeitgebererstattung: Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern alternativ die entstandenen beruflich veranlassten Kosten steuerfrei erstatten – ein solcher Auslagenersatz löst keinen steuerpflichtigen Vorteil aus. Bei den Telekommunikationskosten können ohne Nachweis ebenfalls pauschal 20 % der Rechnungsbeträge, maximal 20 € für jeden Monat, steuerfrei erstattet werden. Wer höhere Kosten pauschal steuerfrei erstatten möchte, muss diese über einen Zeitraum von drei Monaten einzeln belegen und die beruflichen Nutzungsanteile ermitteln (siehe oben genannte Varianten zum Werbungskostenabzug).


4. Unterhaltszahlungen an Ex-Partner: Was gilt für Sonderausgabenabzug?

Geschiedene und getrenntlebende Ehepartner gehen sich häufig möglichst aus dem Weg. Im steuerlichen Bereich sollten sie sich gleichwohl aber noch „zusammenraufen“ – insbesondere, um bei Unterhaltszahlungen eine steueroptimale Gestaltung herbeizuführen.
Der Grund: der unterhaltszahlende Ehepartner kann seine Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten nur dann als Sonderausgaben abziehen, wenn der Unterhaltsempfänger diesem Antrag zustimmt.
Stimmt der Unterhaltsempfänger dem Antrag auf Sonderausgabenabzug zu, muss er die erhaltenen Zahlungen allerdings seinerseits als sonstige Einkünfte versteuern. Durch diese steuerliche Zurechnung entsteht bei ihm häufig eine Einkommensteuerbelastung. Die sonstigen Einkünfte können zudem zum Verlust von staatlichen Förderungen führen (z. B. der Arbeitnehmer-Sparzulage für vermögenswirksame Leistungen).
Die erteilte Zustimmung des Unterhaltsempfängers zum Sonderausgabenabzug bleibt bis auf Widerruf auch für Folgejahre wirksam und kann nur vor Beginn des Kalenderjahres, für das sie erstmals nicht mehr gelten soll, beim zuständigen Finanzamt widerrufen werden. Ohne die Zustimmung des Empfängers kommt der Sonderausgabenabzug beim Unterhaltszahler nicht in Betracht. Letzterer kann den Anspruch auf Zustimmung aber zivilrechtlich geltend machen.


5. Grundsatzentscheidung des BFH: Können Sponsoringaufwendungen bei Freiberuflern zu Betriebsausgaben führen?

Der VIII. Senat des BFH hat mit seinem Urteil vom 14.7.2020 VIII R 28/17 zur o.a. Fragestellung Stellung bezogen. Er hat mit seinem Urteil deutlich gemacht, dass ein derartiger Abzug durchaus möglich ist.
Er hat jedoch auch klargestellt, welche Voraussetzungen für den Abzug gegeben sein müssen. Im Kern kommt es darauf an, dass es für Außenstehende klar wird, dass eine konkrete Verbindung zu dem Sponsor und seinen Leistungen erkennbar wird. Hierbei ist es bei Freiberuflern ausreichend, dass auf die freiberufliche Tätigkeit und die Qualifikation der einzelnen Berufsträger hingewiesen wird.


6. Zur steuerlichen Anerkennung von offenen inkongruenten Gewinnausschüttungen

Nachstehendes Urteil bestätigt weitreichende steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten mittels inkongruenter Gewinnausschüttungen.
Im Urteilsfall war an der A-GmbH zu 50% der Kläger und Geschäftsführer sowie zu 50% die B-GmbH beteiligt. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B-GmbH war ebenfalls der Kläger. Mittels Gesellschafterbeschlüssen für die einzelnen Streitjahre wurden Vorabgewinnausschüttungen beschlossen, die jeweils unmittelbar und vollständig der B-GmbH zuflossen (inkongruente Gewinnausschüttungen).
Die spätere Betriebsprüfung ordnete die Gewinnausschüttungen jedoch zu 50% dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu und unterwarf sie rückwirkend dem Abgeltungssteuersatz. Als Begründung führte sie an, es läge kein handelsrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss vor. Die satzungsbrechenden Dauerbeschlüsse hätten einer notariellen Beurkundung bedurft. Zudem läge ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO vor.
Dem folgte das FG Münster (Urteil v. 6. 5. 2020 – 9 K 3359/18 E, AO) nicht und ordnete die Kapitaleinkünfte vollständig der B-GmbH zu, bei der diese zu 95% steuerfrei waren (§ 8b Abs. 1, 5 KStG).
Das Gericht führte folgende Grundsätze der steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen aus:

  • Gesellschaftsrechtlich sind inkongruente, d.h. von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnausschüttungen zulässig. Zivilrechtlich wirksame Gewinnverteilungsbeschlüsse sind grundsätzlich auch für die steuerliche Zuordnung der Kapitaleinkünfte maßgebend.
  • Der Umstand, dass der Gesellschaftsvertrag einer GmbH einen von § 29 Abs. 3 S. 1 GmbHG abweichenden Gewinnverteilungsschlüssel oder eine Öffnungsklausel nicht vorsieht, lässt die zivilrechtliche Wirksamkeit eines unter Zustimmung aller Gesellschafter zustande gekommenen Beschlusses über die abweichende Gewinnverteilung nicht entfallen.
  • Ein von der Satzung abweichender Gewinnverteilungsbeschluss stellt keine Satzungsänderung dar, die zu ihrer Wirksamkeit notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen werden müsste. Gesellschafterbeschlüsse, die Satzungsrecht durchbrechen, aber nur einen Einzelfall regeln (punktuelle Wirkung) und keine Satzungsänderung beinhalten, sind zivilrechtlich zulässig und wirksam.
  • Die temporäre Vermeidung von Abgeltungsteuer und niedrigere Versteuerung bei der GmbH stellt keinen steuerlichen Vorteil im Sinne des § 42 AO dar, da tatsächlich keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Geld bei der natürlichen Person erlangt wurde. Auch führt der Umstand, dass das liquide Vermögen der GmbH nach §§ 13a, b ErbStG a.F. schenkungssteuerfrei übertragen werden konnte, nicht zu einer einkommensteuerrechtlichen Versagung.


7. BFH zur Abziehbarkeit eines nachrangigen Nießbrauchs bei der Schenkungsteuer

Das nachfolgende Urteil hat Bedeutung für die Abziehbarkeit und Bewertung eines nachrangigen Nießbrauchrechts vom Wert einer Schenkung. Auch wenn es zum „alten“ Erbschaftsteuerrecht (vor dem 31.12.2008) ergangen ist, hat es auch aktuell Gültigkeit und Bedeutung.
Im Urteilsfall übertrug eine Mutter M GbR-Anteile und dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs schenkweise auf ihre Tochter T. Diese wiederum übertrug die Hälfte der Anteile ebenfalls unter dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs auf deren Tochter S.

Finanzamt und Finanzgericht (FG München, Urteil v. 15.11.2017, 4 K 204/15 und 4 K 210/15) waren der Ansicht, dass bei der Festsetzung der Schenkungsteuer lediglich der Nießbrauch der Mutter, nicht aber der Nießbrauch der Tochter abziehbar sei. Sie verwiesen auf das gesetzliche Abzugsverbot des § 6 BewG. Nach ihrer Ansicht war die Verpflichtung am Bewertungsstichtag zivilrechtlich noch nicht entstanden, da bis zum Erlöschen des Nießbrauchs der Mutter keine tatsächliche Belastung für die Tochter bestehe. Unsicher sei auch, ob der Nießbrauch jemals zum Tragen komme.
Der BFH (Urteil v. 6.5.2020, II R 11/19 und II R 12/19) verwarf das Urteil der Vorinstanz. Es handle sich bei dem vorbehaltenen Nießbrauch der T an S um einen nachrangigen Nießbrauch. Die Nachrangigkeit hat zur Folge, dass der Nießbrauch zunächst nicht geltend gemacht oder zwangsweise durchgesetzt werden könne. Trotzdem sei er aber zivilrechtlich entstanden.
Laut BFH sind der vorrangige und der nachrangige Nießbrauch als „einheitliche Last“ nur einmal abzuziehen, dafür aber mit dem höheren Vervielfältiger nach § 14 BewG. Als Begründung führt der BFH aus, dass es keine Mehrzahl von Nutzungsberechtigten und somit keine zusätzliche Last gebe. Es läge allenfalls eine Verlängerung der Belastungsdauer vor.

Bitte beachten Sie: Das vorstehende Urteil ist von Fällen des sog. Sukzessivnießbrauchs zu unterscheiden. Hierbei wird bei einer Schenkung mehreren Berechtigten ein Nießbrauch in der Weise eingeräumt, dass der Nießbrauch des einen erst mit dem Ableben des anderen entstehen soll. Da die Entstehung des Nießbrauchs von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis (Vorversterben des zunächst Berechtigten) abhängt, hat er am Bewertungsstichtag noch nicht bestanden und ist bei der Schenkungsteuerfestsetzung gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 1 BewG (noch) nicht zu berücksichtigen. Dies erfolgt erst mit Versterben des zuvor Berechtigten. Die Schenkungsteuerfestsetzung ist dann auf Antrag gem. § 6 Abs. 2 BewG zu berichtigen.

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