Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 14/2020
1. Bundesfinanzministerium zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung und zum Vorsteuerabzug
2. Grundsatzentscheidung des BFH zur Kaufpreisaufteilung bei Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung: BFH kontra BMF
3. BFH zum Begriff „Kinder der Kinder“ nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und zum Freibetrag für Urenkel
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die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.
1. BMF zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung und zum Vorsteuerabzug
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 18.9.2020 ein Schreiben zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung und zum Vorsteuerabzug ohne Besitz einer ordnungsmäßigen Rechnung herausgegeben. Es hat dadurch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt und in diesem Zusammenhang den Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst.
Im Fokus dieses Schreibens stehen insbesondere die unionsrechtlichen Regelungen für eine ordnungsmäßige Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug und dessen nationale Umsetzung. Ferner geht das BMF auf Ausnahmeregelungen bei Nichtvorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung, auf Rechnungsberichtigung oder Stornierung und Neuerteilung einer Rechnung sowie auf den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs ein.
Es wird nicht beanstandet, wenn bei bis zum 31.12.2020 übermittelten Rechnungsberichtigungen, die Rückwirkung besitzen, der Vorsteuerabzug erst in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht wird, in dem die berichtigte Rechnung ausgestellt wird.
2. Grundsatzentscheidung des BFH zur Kaufpreisaufteilung bei Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung: BFH kontra BMF
Die Finanzgerichte dürfen eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude, die die realen Verhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch die nach Maßgabe der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen. Das hat BFH mit Urteil vom 21.07.2020 (IX R 26/19) entschieden.
Die Klägerin hat im Jahr 2017 eine (vermietete) Eigentumswohnung in einer Großstadt zum Kaufpreis von € 110.000 erworben. Nach dem Kaufvertrag sollten davon € 20.000 auf das Grundstück entfallen. Dementsprechend ging die Klägerin für Abschreibungszwecke von einem Gebäudeanteil von rund 82 % aus. Hingegen ermittelte das Finanzamt einen Gebäudeanteil von rund 31 %. Dabei legte es die vom BMF im Internet bereitgestellte „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ zugrunde.
Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab und sah in der Arbeitshilfe ein geeignetes Wertermittlungsverfahren, um die Marktangemessenheit einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung widerlegen zu können, zugleich aber auch eine geeignete Schätzungshilfe.
Dem ist der BFH entgegengetreten.
Die Arbeitshilfe des BMF gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude nicht.
Denn die Auswahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren würde auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren verengt. Auch bleibe der vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevante Orts- oder Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts unberücksichtigt. Deshalb sei das FG im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung in der Regel gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.
3. BFH zum Begriff „Kinder der Kinder“ nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und zum Freibetrag für Urenkel
Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz unterscheidet verschiedene Steuerklassen und gestaffelte Steuerfreibeträge zwischen € 20.000 und € 500.000. Je nach Einordnung des Erwerbs kommt es zu einer mehr oder weniger starken steuerlichen Entlastung.
Der BFH (Beschluss vom 27.7.2020, Az. II B 39/20, Vorinstanz FG Düsseldorf, Az. 4 V 794/20 A vom 6.5.2020) hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nun anhand der Gesetzessystematik klar hergeleitet, was unter dem Begriff „Kinder der Kinder“ in § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zu verstehen ist und welchen Freibetrag Urenkel beanspruchen können.
Im Urteilsfall nahm eine Urgroßmutter eine Schenkung an Urenkel vor. Die Urenkel begehrten einen Freibetrag in Höhe von € 200.000 und eine Schenkungsteuer von null Euro, da sie davon ausgingen, dass das Gesetz mit „Kinder der Kinder“ in § 16 Abs.1 Nr. 3 ErbStG auch Urenkel meint. Das Finanzamt gewährte jedoch lediglich € 100.000.
Der BFH wies die Beschwerde als unbegründet zurück und gab dem Finanzamt Recht. Urenkeln stünde lediglich der Freibetrag in Höhe von € 100.000 nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu, wenn Eltern und Großeltern noch nicht verstorben sind. Der Begriff „Kinder“ in § 16 Abs. 1 ErbStG meine ausschließlich Kinder und nicht Kindeskinder und deren Abkömmlinge. Der Begriff „Kinder der Kinder“ bezieht sich folglich ausschließlich auf die Enkel und nicht auf die Urenkel.
Als Begründung führt der BFH aus, dass das ErbStG auf einem typisierten Grundmodell basiere, wonach jede Generation jeweils zwei Kinder hat. Die Verdopplung der Abkömmlinge hätte die Halbierung bzw. Minderung des Freibetrages zur Folge. Zwar zählen Abkömmlinge gerader Linie unterschiedslos zur Steuerklasse I; allerdings seien die Freibeträge nach der „Entfernung“ der Abkömmlinge gestaffelt. Mit jedem Schritt in der Generationennachfolge sinke der Freibetrag. Im Ergebnis könnten Urenkel nur € 100.000 Freibetrag beanspruchen.
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