03 / 2011

Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 3/2011

 

1. Änderung der Rechtsprechung: Tank- und Geschenkgutscheine des Arbeitgebers können steuerbefreiter Sachlohn sein

2. Ordnungsmäßigkeit der Buchführung trotz fehlenden Kontierungsvermerks

3. Umsatzsteuerliche Änderungen ab 2011

4. GmbH: Pauschales Abzugsverbot für Betriebsausgaben verfassungsgemäß

5. Diese Änderungen müssen auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden



Sehr verehrte Mandantin,

sehr geehrter Mandant,

 

die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.

 

 

1. Änderung der Rechtsprechung:Tank- und Geschenkgutscheine des Arbeitgebers können steuerbefreiter Sachlohn sein

 

Der BFH hat mit den Urteilen vom 11. November 2010, VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 41/10 anlässlich der Frage der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Tankkarten, Tankgutscheinen und Geschenkgutscheinen erstmals Grundsätze zu der Unterscheidung von Barlohn und einem nach dem EStG bis zur Höhe von monatlich € 44,00 steuerfreiem Sachlohn aufgestellt.

Inden vom BFH entschiedenen Streitfällen hatten Arbeitgeber etwa ihren Arbeitnehmern das Recht eingeräumt, auf ihre Kosten gegen Vorlage einer Tankkarte bei einer bestimmten Tankstelle bis zu einem Höchstbetrag von € 44,00 monatlich zu tanken oder die Arbeitnehmer hatten anlässlich ihren Geburtstages Geschenkgutscheine einer großen Einzelhandelskette über€ 20,00 von ihrem Arbeitgeber erhalten oder durften mit vom Arbeitgeber ausgestellten Tankgutscheinen bei einer Tankstelle ihrer Wahl 30 Liter Treibstoff tanken und sich die Kosten dafür von ihrem Arbeitgeber erstatten lassen.

Während die Arbeitgeber diese Zuwendungen jeweils als Sachlohn beurteilten und angesichts der Freigrenze keine Lohnsteuer einbehielten, waren die Finanzämter auf Grundlage von Verwaltungs-erlassen von nicht steuerbefreitem Barlohn ausgegangen und hatten entsprechende Lohnsteuer-haftungs- und Nachforderungsbescheide erlassen. Darin waren sie von den Finanzgerichten bestätigt worden.

Der BFH hat dagegen in sämtlichen Streitfällen Sachlohn angenommen, die Vorentscheidungen aufgehoben und den Klagen stattgegeben.

Die Frage, ob Barlöhne oder Sachbezüge vorliegen, entscheide sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, nämlich auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen danach,welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Die Unterscheidung sei nach der Art des arbeitgeberseitig zugesagten und daher arbeitnehmerseitig zu beanspruchenden Vorteils selbst und nicht durch die Art und Weise der Erfüllung des Anspruchs zu treffen.

Könne der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, komme eine Steuer-befreiung für Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG in Betracht. Dann sei es auch unerheb-

lich, ob der Arbeitgeber zur Erfüllung dieses Anspruchs selbst tätig werde, oder dem Arbeitnehmer

gestatte, auf seine Kosten die Sachen bei einem Dritten zu erwerben. Deshalb lägen Sachbezüge auch dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlungen an den Arbeitnehmer mit der Auflage verbinde, den empfangenen Geldbetrag nur in einer bestimmten Weise zu verwenden.

Seine bisher anders lautende Rechtsprechung – Urteil vom 27. Oktober 2004 VI R 51/03 – hat der

BFH ausdrücklich aufgegeben.

 

 

2. Ordnungsmäßigkeit der Buchführung trotz fehlenden Kontierungsvermerks

 

In Zeiten zunehmender Digitalisierung ergeben sich in der Praxis immer häufiger Fragen, wie die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sichergestellt werden kann. Grundsätzlich müssen alle Geschäftsvorfälle retrograd und progressiv nachprüfbar sein. Die progressive Prüfung beginnt beim Beleg, geht über die Grundaufzeichnungen zu den Konten und schließlich zur Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung bzw. zur Steueranmeldung/Steuererklärung. Die retrograde Prüfung verläuft umgekehrt. Hinsichtlich der Kontierung fordert das BMF in seinen Grundsätzen ordnungsmäßiger DV – gestützter Buchführungssysteme (GoBS) vom 7.11.1995 (Az.: IV A 8 – S 0316 – 52/95- BStBl 1995I S. 738), dass Angaben zur Kontierung auf dem Beleg zu erfolgen haben. Ein solches Vorgehen ist jedoch stets mit Mehraufwand verbunden. Eine gesetzliche Regelung gibt es hierzu nicht.

Eine Argumentationshilfe für die Steuerpflichtigen z. B. bei Betriebsprüfungen, bezüglich dieser Problematik, lieferte das Landgericht Münster in der Randziffer 33 seines Urteils vom 24.9.2009 (Az.: 12 O 471/07). Hierin befand das Gericht, dass dieKontierung auf dem Beleg für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht zwingend sei. Es sei gemäß § 239 Abs. 4 HGB auch möglich, dass die Bücher sowie die sonstigen erforderlichenAufzeichnungen auch aus einer geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden können, soweit diese Form der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht.

 

3. Umsatzsteuerliche Änderungen ab 2011

 

Das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) hält eine Reihe umsatzsteuerlicher Änderungen bereit, die für Umsätze ab dem 1. Januar 2011 gelten. Nachfolgend sollen die wichtigsten Änderungen erläutert werden.

Verzicht auf Erwerbsschwelle

Warenbewegungen innerhalb der EU sind im Abgangsland umsatzsteuerfrei, wenn im Bestimmungsland ein innergemeinschaftlicher Erwerb versteuert wird. Bestimmte Unternehmer, wie pauschalierende Land- und Forstwirte, Unternehmer mit nur steuerfreien Umsätzen, z.B. Ärzte, oder Kleinunternehmer, können nur dann einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern, wenn sie die Erwerbsschwelle von 12.500 € überschritten oder auf deren Anwendung verzichten. Der Verzicht musste bislang gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Durch diese Regelung konnten sich die o.g. Unternehmer in der Vergangenheit – sofern sie eine USt-IdNr. hatten – steuerfrei beliefern lassen, ohne in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.

Mit dieser Besteuerungslücke ist ab 2011 Schluss, denn nun reicht die Verwendung der USt-IdNr. aus, um auf die Erwerbsschwelle zu verzichten. Der Unternehmer wird dann zur Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs verpflichtet.


Beispiel:

Ein Arzt kauft für seine Praxis Büroeinrichtungsgegenstände aus Italien. Für die Lieferung im Februar 2011 verwendet er seine USt-IdNr. und lässt sich steuerfrei aus Italien beliefern. Den Kauf der Büromöbel muss er in Deutschland als innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern.

An den Verzicht der Erwerbsschwelle ist der Unternehmer 2 Jahre ab erstmaliger Verwendung der USt-IdNr. gebunden. In diesem Zeitraum sollte er für alle innergemeinschaftlichen Erwerbe seine USt-IdNr. verwenden, da ansonsten nicht nur die Lieferung aus dem Ausland steuerpflichtig wäre und zu-sätzlich auch deutsche Erwerbsteuer anfiele.

Neuer Ort bei sonstigen Leistungen

Der Ort einer sonstigen Leistung spielt immer dann besonders eine Rolle, wenn er im Ausland liegt. Dann muss der leistende Unternehmer ggf. die besonderen Regelungen des Reverse-Charge-Verfahrens beachten. Ab 2011 gibt es in diesem Bereich folgende Änderungen:

Leistungsart

Leistungsempfänger

Ort der Leistung

kulturelle, wissenschaftliche u.ä. Leistungen

Privatperson

Ort der Leistungserbringung

Unternehmer

Sitz des Leistungsempfängers

Messeleistungen

Privatperson

Ort der Leistungserbringung

Unternehmer

Sitz des Leistungsempfängers

Eintrittsberechtigungen zu Veranstaltungen und Messen

Privatperson

Ort der Leistungserbringung

Unternehmer

Ort der Leistungserbringung

 

Ausweitung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers

Ab 2011 wird die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers erweitert auf:

·steuerpflichtige Lieferungen von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen,

·Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen und

·bestimmte Lieferungen von Gold.

Bei diesen Lieferungen bzw. Leistungen an einen anderen Unternehmer schuldet nicht (mehr) der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Steuer. Steuerschuld und Vorsteuerabzug fallen somit beim Leistungsempfänger zusammen. Darüber hinaus entsteht, wie bei allen Leistungen, die dem Steuerschuldnerverfahren unterliegen, die Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Lieferung folgenden Kalendermonats.

Was alles unter Industrieschrott, Altmetalle und sonstigen Abfallstoffen fällt, regelt eine neue Anlage zum Umsatzsteuergesetz. So fallen z. B. alle Abfälle, Schnitzel und Bruch von Kunststoffen, Abfälle und Schrott aus Blei oder z. B. alle Abfälle und Schrott aus Zinn unter die Neuregelung.

Als Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen zählt auch die Hausfassadenreinigung, die Reinigung von Räumen und von Inventar, einschließlich Fensterreinigung. Die Neuregelung gilt allerdings nur für entsprechende Leistungen von Subunternehmern von Gebäudereinigungsunternehmen, weil der Leistungsempfänger, der die Steuer schuldet, selbst solche Reinigungsleistungen erbringen muss. Davon kann der leistende Unternehmer u.a. ausgehen, wenn ihm der Leistungsempfänger einen entsprechenden Nachweis nach amtlichem Muster vorlegt. Dazu hat die Finanzverwaltung erst kürzlich einen neuen Vordruck aufgelegt.

Hinweis:

Unternehmer, die als Subunternehmer Reinigungsleistungen erbringen oder die Industrieschrott, Altmetalle o.ä. an andere Unternehmer liefern, müssen ab 1. Januar 2011 die Umkehr der Steuerschuldnerschaft beachten. Rechnungen dürfen keine Umsatzsteuer enthalten, andernfalls wird auch diese dem Finanzamt geschuldet.

 

Außerdem gilt das Reverse-Charge-Verfahren (ausnahmsweise) nicht bei Restaurationsleistungen an Bord von Beförderungsmitteln. Würde bspw. ein deutscher Unternehmer an Bord der österreichischen Eisenbahn bewirtet werden, müsste sonst der deutsche Unternehmer die Mehrwertsteuer aus der Bewirtung schulden. Dies wäre nicht handhabbar.

Quelle: BMF-Schreiben vom 4. Januar 2011, IV D 3 S 7279/10/10004 www.bundesfinanzministerium.de

 

4. GmbH: Pauschales Abzugsverbot für Betriebsausgaben verfassungsgemäß

 

Dividenden und Veräußerungsgewinne von Aktien sind auf Ebene der Kapitalgesellschaft von der Körperschaftsteuer befreit. Damit sollen wirtschaftliche Doppelbelastungen auf der Ausschüttungs- und Empfängerebene vermieden werden. Erst dann, wenn der Gewinn an eine natürliche Person ausgeschüttet wird, kommt es zur Besteuerung. Aufwendungen im Zusammenhang mit diesen steuerfreien Einnahmen können nicht zusätzlich steuermindernd geltend gemacht werden. Körperschaftsteuerlich unterliegen daher durch die sog. Schachtelstrafe 5 % der betreffenden Gewinne der Steuerpflicht.

Diese Regelung ist sehr umstritten. Das Hamburger Finanzgericht nahm das zum Anlass, das pauschale Abzugsverbot als verfassungswidrig anzusehen, denn es bestehe für die Steuerpflichtigen keine Möglichkeit, niedrigere tatsächliche Betriebsausgaben zum Ansatz zu bringen.

Das Verfahren betraf eine Kapitalgesellschaft, die Veräußerungsgewinne von über 11 Mio. € und Dividendenerträge von rund 700.000 € hatte. Die Gesellschaft konnte Aufwendungen in Höhe von gerade mal 28.000 € nachweisen – bedeutend weniger als die nach der Pauschalregelung errechneten rund 600.000 €, die sie versteuern sollte. Das Finanzgericht bat deswegen das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) um seine Einschätzung.

Dem durch das Finanzgericht erkannten Gleichheitsverstoß wollten die Verfassungsrichter nicht folgen. Selbst bei einem derart hohen Auseinanderklaffen zwischen Pauschal- und Realwerten sei die Regelung verfassungsgemäß. Die 5 %-ige Hinzurechnung der Beteiligungseinkünfte bewege sich innerhalb des Gesamtkonzepts des Gesetzgebers im Körperschaftsteuerrecht. Der Pauschalierungssatz halte dem Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis stand. Zwar habe der Gesetzgeber bei Festlegung der 5 % nicht auf statistische Werte zurückgegriffen, doch dies sei angesichts der relativ geringen Höhe der Hinzurechnung vertretbar.

Hinweis:

Tatsächliche Betriebsausgaben oder Veräußerungskosten im Zusammenhang mit steuerfreien Beteiligungseinkünften können unabhängig von ihrer Höhe abgezogen werden. Liegen sie über den pauschalen nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben von 5 %, ergibt sich unterm Strich eine Einkommensminderung.

Quelle: BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010 S. 2393

 

5. Diese Änderungen müssen auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden

 

Bislang gibt es noch die Lohnsteuerkarte in Papierform, die von den Gemeinden ausgehändigt wurde. Ab 2012 wird sie durch ein elektronisches Verfahren abgelöst. Bis dahin behält die Lohnsteuerkarte des Jahres 2010 auch in 2011 weiterhin ihre Gültigkeit. Für Änderungen auf der Lohnsteuerkarte wechselte zum 1. Januar 2011 die Zuständigkeit von den Gemeinden auf die Finanzämter.

Wer für das Jahr 2011 erstmalig eine Lohnsteuerkarte benötigt und von der Gemeinde im Jahr 2010 noch keine ausgestellt bekommen hat, muss sich ab 2011 an das Finanzamt wenden, das dann eine Ersatzbescheinigung ausstellt.

Arbeitnehmer müssen in bestimmten Fällen ihre Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte ändern lassen. So z.B., wenn auf Grund einer Trennung von Eheleuten im Jahr 2010 die auf der Karte eingetragenen Steuerklassen von den tatsächlichen Verhältnissen zu Beginn des Jahres 2011 abweichen. Die Steuerklasse muss dann bei beiden Eheleuten in Steuerklasse I geändert werden.

Etwas Ähnliches gilt, wenn ein Ehepartner im Jahr 2009 verstorben ist. In 2010 gilt hier noch das sogenannte „Witwensplitting“. Ab 2011 muss auch in diesen Fällen zwingend die Steuerklasse I eingetragen werden. Für Alleinstehende mit Kindern kommt in den vorgenannten Fällen auf Antrag die Steuerklasse II in Betracht.

Eine Änderung muss auch veranlasst werden, wenn die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Laufe des Jahres entfallen.

Hinweis:

Ist absehbar, dass eingetragene Freibeträge oder der Faktor bei Arbeitnehmer-Ehegatten im Laufe des Jahres 2011 von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen werden, gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur Änderung der Lohnsteuerkarte. Allerdings kann diese empfohlen werden, um u.U. hohe Nachzahlungen bei der Einkommensteuerveranlagung 2011 zu vermeiden.

Quelle: OFD-Koblenz, Pressemitteilung vom 20. Dezember 2010, www.fin-rlp.de



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