01 / 2007

 

Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 01/2007

Sehr verehrte Mandantin,

sehr geehrter Mandant,

die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.

1.Einkommensteuer / Gewerbesteuer

Integrierte Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V-Gewerbliche Infizierung der freiberuflichen Tätigkeit einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis.► (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 25/2006 vom 23.11.2006)In den Fällen der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V werden zwischen dem Arzt und der Krankenkasse Verträge abgeschlossen, nach denen die Krankenkasse dem Arzt für die Behandlung der Patienten eine Fallpauschale zahlt. Die Verträge über die integrierte Versorgung können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Frage der gewerblichen Infizierung der gesamten Einkünfte der Gemeinschaftspraxis nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stellt sich nur in den Fällen, in denen die Fallpauschale auch gewerbliche Leistungen (z.B. die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln) abdeckt. Die zwischen Krankenkasse und Arzt vereinbarte Fallpauschale umfasst Vergütungen sowohl für freiberufliche (§ 18 EStG) als auch für gewerbliche (§ 15 EStG) Tätigkeiten. Damit kommt es gem. § 15 Abs.1 Nr.3 EStG zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis, sofern die von der BFH-Rechtsprechung aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze (1,25%; vgl. BFH-Urteil vom 11.8.1999, BStBl. II 2000 S.229 = DB 1999 S.2495) überschritten ist.

Für die Prüfung der Geringfügigkeitsgrenze ist der Anteil der Fallpauschalen, der auf die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln entfällt, dem Gesamtumsatz der Gemeinschaftspraxis gegenüber zu stellen. Dabei kann der Umsatz aus der Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln anhand der Einkaufspreise ermittelt werden, da aus deren Abgabe kein Gewinn erstrebt wird.

2.GmbH-Gesetz §§ 40 und 24

§ 40 GmbH-Gesetz verpflichtet alle Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH, bei Änderungeneine aktuelle Liste der Gesellschafter, aus der sich Name, Vorname, Stand, Wohnort und Stamm-einlage ergeben soll, beim zuständigen Registergericht (Handelsregister) einzureichen.

§ 24 Abs. 2, 3 HRV, § 9 HGB verpflichtet alle Gesellschaften ab dem 1.1.1999 die aktuelle Geschäfts-anschrift für jedes eingetragene Unternehmen zwingend zum Handelsregister einzureichen. Sie ist fürjedermann einsehbar. Änderungen sind unverzüglich mitzuteilen.

3.Offenlegung ab 2007 elektronisch vorgesehen

Unternehmen, die schon im Jahr 2006 ihre Unternehmensdaten offen zu legen hatten, mussten noch nicht beunruhigt sein. Bisher ist es für Konkurrenten schwierig, an die Unternehmensdaten zu kommen.Das soll sich jedoch ab 1.1.2007 drastisch ändern. Ab diesem Zeitpunkt sollen nach dem „Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie Unternehmensregister“ wesentliche Unternehmensdaten in einem elektronischen Unternehmensregister zusammengeführt werden. Einzusehen sind die Unternehmensdaten dann ab 1.1.2007 für jedermann im Internet unter www.unternehmensregister.de.

Praxistipp: Um zu vermeiden, dass die Konkurrenz zu viel über die Unternehmensdaten erfährt, kann ein Rechtsformwechsel in Erwägung gezogen werden (Einzelunternehmen, KG oder OHG) oder es werden Teilbetriebe aus einem Unternehmen ausgegliedert und in neu gegründete Gesellschaften eingebracht, die wegen ihrer Größenklasse nicht offenlegungspflichtig sind.

4.Nutzung eines Firmenwagens für andere Einkünfte führt zu zusätzlicher Entnahme

Unternehmer müssen die private Nutzung ihres Betriebsautos versteuern. Wird kein Fahrtenbuch geführt, wird der private Nutzungsanteil durch die pauschale 1 %-Methode ermittelt. Seit 2006 darf dies nur noch für Fahrzeuge geschehen, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden. Sonst muss der private Nutzungsanteil geschätzt werden. Da für viele Steuerpflichtige das Führen eines Fahrtenbuchs zu umständlich und zu zeitintensiv ist, machen die meisten von der 1 %-Regelung Gebrauch. Oft kommt es auch vor, dass Unternehmer ihren Betriebswagen auch für Fahrten zur Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte nutzen, wie etwa wenn ein Gewerbetreibender sein Fahrzeug auch für Fahrten zu seinen Vermietungsobjekten nutzt. Muss er in diesem Fall eine zusätzliche Entnahme buchen oder sind diese Fahrten bereits durch die 1 %-Methode erfasst? Der BFH entschied hierzu: JA!Die Nutzung des Fahrzeugs für außerbetriebliche Zwecke sei unstreitig eine Entnahme, die mit ihren Selbstkosten anzusetzen sei, urteilte der BFH. Die 1 %-Regelung erfasse nur Entnahmen, die der privaten Lebensführung zuzurechnen seien, wie etwa Urlaubs-, Wochenend- oder Freizeitfahrten. Fahrten, die im Zusammenhang mit anderen Einkünften zusammenhingen, würden dadurch nicht erfasst und müssten durch eine gesonderte Entnahme gebucht werden. Ggf. müssten mehrere Entnahmewerte nebeneinander zum Ansatz gebracht werden. Der BFH versuchte hier, eine gesetzliche Regelungslücke zu schließen. Im Urteilsfall hatte das Finanzamt die weitere Entnahme ermittelt, indem es die tatsächlichen PKW-Kosten im Verhältnis der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Gesamtfahrleistung aufteilte. Auch diese Vorgehensweise bestätigte der BFH.

 

Hinweis:

Dieses Urteil hat für viele Steuerzahler gravierende Folgen: wird ein Firmenwagen auch nur im geringen Umfang für andere Einkunftsarten genutzt, können sich erhebliche Steuermehrbelastungen ergeben, denn das Finanzamt schätzt daraufhin die entsprechende Nutzungsentnahme, wenn kein Fahrtenbuch vorhanden ist. Daher ist es sinnvoller, solche Fahrten entweder mit einem anderen Fahrzeug als dem Firmenwagen durchzuführen oder ein Fahrtenbuch zu führen.

Quelle: BFH-Urteil vom 26. April 2006, X R 35/05

5.Umsatzsteuer: Steuerpflichtige und steuerfreie ärztliche Leistungen

Die bisherige Faustregel, dass „Ärzte mit ihren Leistungen von der Umsatzsteuer befreit sind“, änderte sich durch verschiedene EuGH-Urteile, die für die Umsatzsteuerfreiheit die Verfolgung eines therapeutischen Zwecks fordern. Generell umsatzsteuerbefreit sind „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden“.Außer den typischen ärztlichen Leistungen, die der Diagnose, Behandlung und der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen, sind insbesondere folgende ärztliche Leistungen umsatzsteuerfrei:

  • Auskünfte, Bescheinigungen, Zeugnisse, Berichte und Gutachten, die nach Nr. 71 ff. EBM abgerechnet werden, weil sie der Kommunikation unter Ärzten als notwendigem Bestandteil der übernommenen Behandlung oder der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Berichtspflichten des Arztes gegenüber den Krankenkassen dienen;
  • Befundberichte gegenüber Versorgungsämtern, die nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz entschädigt werden;
  • Bescheinigungen und Zeugnisse, die nach Nr. 70 GOÄ berechnet werden. Sie sind Nebenleistung zu einer Untersuchung und Behandlung. Dies gilt insbesondere für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen;
  • betriebsärztliche Leistungen, soweit sie nicht auf Einstellungsuntersuchungen entfallen;
  • Gutachten in Alkohol- und Drogenangelegenheiten zwecks anschließender Heilbehandlung, z.B. zur Feststellung eines körperlichen Defekts beim Abbau von Alkohol und Medikamenten;
  • Gutachten von Vertragsärzten, deren Gegenstand die geplante Behandlung von Patienten ist. Im Vordergrund steht hier, dem Patienten eine medizinische Betreuung zu gewähren, die dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht;
  • Gutachten zu medizinischen Rehabilitations- und Vorsorgeleistungen, zur häuslichen Krankenpflege und zur Hilfsmittelversorgung, soweit ein therapeutisches Ziel bzw. eine therapeutische Entscheidung fokussiert wird. Steht die medizinische Betreuung im Mittelpunkt und gelangt der Arzt zu der Erkenntnis, dass der Patient nicht rehabilitierbar, sondern dauernd erwerbs- oder berufsunfähig ist, ändert sich an der umsatzsteuerlichen Beurteilung nichts;
  • Gutachten für die gesetzliche Krankenversicherung, z.B. zu medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, der Hilfsmittelversorgung und der häuslichen Krankenpflege im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung nach § 275 SGB V;
  • Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung sowie für die Pflegeversicherung, soweit die medizinische Betreuung im Vordergrund steht und Anlass des ärztlichen Tätigwerdens ist;
  • Leichenschau und Ausstellen der Todesbescheinigung als letzte Maßnahme im Rahmen der Heilbehandlung;
  • Leistungen von Schönheitschirurgen, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Indiz dafür kann die Übernahme der Kosten durch Krankenversicherungen sein;
  • Leistungen zur Kontrolle von gespendeten Blut inkl. Blutgruppenbestimmung;
  • Obduktionen, die im Falle des Seuchenverdachts für Kontaktpersonen von therapeutischer Bedeutung sind;
  • sport- und reisemedizinische Untersuchungen und Beratungen mit therapeutischem Zweck
    oder mit Gesundheitsvorsorge im Mittelpunkt;
  • Untersuchung von Personen im Polizeigewahrsam zur Überprüfung der Verwahrfähigkeit;
  • Vorsorgeuntersuchungen, auch von Betriebsärzten, die nicht nach dem ASiG erbracht werden;
  • Vorsorgeuntersuchungen, bei denen Krankheiten möglichst frühzeitig festgestellt und mit größtmöglicher Aussicht auf Erfolg behandelt werden soll, z.B. Krebsfrüherkennung.

Insbesondere folgende ärztliche Leistungen sind umsatzsteuerpflichtig:

  • ärztliche Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz;
  • ärztliche Untersuchungen zur pharmakologischen Wirkung eines Medikamentes beim Menschen;
  • Blutalkoholuntersuchungen;
  • Blutgruppenuntersuchungen im Rahmen der Vaterschaftsfeststellung;
  • dermatologische Untersuchungen von kosmetischen Stoffen;
  • entgeltliche Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten;
  • experimentelle Untersuchung bei Tieren im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung;
  • Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der Kommunikation unter Ärzten dienen, wenn eine medizinische Betreuung nicht im Vordergrund steht, z.B. bei Fragen der Schadenersatzleistung, auch bei öffentlich-rechtlicher Berichtspflicht;
  • Gutachten eines Dritten zur vorgeschlagenen ärztlichen, zahnärztlichen oder kieferorthopädischen Behandlung, zur Verordnung von Arzneimitteln sowie zur Versorgung mit Zahnersatz zum Zweck der Kostenübernahme durch die Krankenkasse;
  • Gutachten für den medizinischen Dienst der Krankenversicherung ohne therapeutischen Schwerpunkt oder über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse;
  • Gutachten im Rahmen von Strafverfahren oder zur Frage der Schuldfähigkeit und zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt;
  • Gutachten in anthropologisch-erbbiologischen Angelegenheiten;
  • Gutachten nach § 12 Abs. 1 Psychotherapie-Vereinbarung. Hier steht regelmäßig nicht die medizinische Betreuung im Vordergrund, sondern die Frage, ob die vorgesehene Therapie die Voraussetzungen für die Durchführung zu Lasten der Krankenkassen erfüllt;
  • Gutachten über Sehvermögen;
  • Gutachten über Berufstauglichkeit;
  • Gutachten über die chemische Zusammensetzung des Wassers und über die Keimfreiheit von Trinkwasser;
  • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung und in Schadenersatzprozessen;
  • Gutachten über Todesursache oder –tatsache, es sei denn als letzte Maßnahme im Rahmen
    einer Heilbehandlung;
  • Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung;
  • Gutachten zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsmaßnahmen in einem Rentenverfahren, da hier ein Rentenantrag Anlass für das ärztliche Tätigwerden ist;
  • Gutachten zur Feststellung der Voraussetzungen von Pflegebedürftigkeit oder zur Feststellung, welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt;
  • Lehrtätigkeiten;
  • Lieferung von Hilfsmitteln, z.B. Kontaktlinsen, Kompressionsstrümpfen;
  • Musterungs-, Tauglichkeits- und Verwendungsfähigkeitsuntersuchungen und –gutachten, wenn diese der Beurteilung durch den (künftigen) Dienstherrn dienen. Die Umsatzsteuerpflicht besteht selbst dann, wenn durch eine derartige Untersuchung die Verschlimmerung einer bestehenden Erkrankung vermieden werden soll, da ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht;
  • Obduktionen, es sei denn im Falle des Seuchenverdachts für Kontaktpersonen;
  • Prognosegutachten im Rahmen des Strafvollzugs;
  • Psychologische Tauglichkeitstests, die sich ausschließlich auf die Berufsfindung erstrecken;
  • Röntgenaufnahmen, die für ein Gutachten des TÜV zur Berufstauglichkeit erstellt werden;
  • Sachverständigentätigkeit i.S.d. § 8 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, weil die Leistung nicht der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin dient;
  • schönheitschirurgische Leistungen ohne therapeutisches Ziel im Vordergrund. Solche Leistungen sind ab dem 1.1.2003 steuerpflichtig. Gleiches gilt für vergleichbare Leistungen von Dermatologen und Anästhesisten;
  • schriftstellerische Tätigkeit, auch für eine ärztliche Fachzeitschrift;
  • sport- und reisemedizinische Untersuchungen ohne therapeutischen Zweck oder Gesundheitsvorsorge im Mittelpunkt;
  • Untersuchung und Begutachtung durch Vertragsärzte zur Feststellung von Beschädigungen, wenn diese Leistungen nicht der (weiteren) medizinischen Betreuung dienen, sondern z.B. als Grundlage für eine Entschädigungsleistung;
  • Verkauf von Medikamenten aus einer ärztlichen Abgabestelle für Arzneien;
  • Vortragstätigkeit, auch wenn der Vortrag vor Ärzten im Rahmen der Fortbildung gehalten wird.

Hinweis: Mittlerweile sind eine Reihe ärztlicher Tätigkeiten nicht mehr steuerfrei. Lassen Sie sich von uns beraten, sollten Sie weitere Leistungen anbieten

Aus unserer Rechtsabteilung:

6.Bundesarbeitsgericht verringert die Risiken einer fehlerhaften Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen (Aufgabe der „Domino-Theorie“)

Außer in Kleinbetrieben mit nicht mehr als 10 (Altarbeitnehmer vor dem 1.1.2004: 5) Arbeitnehmern bedarf jede Kündigung der sozialen Rechtfertigung. So schreibt es das Kündigungsschutzgesetz vor.Häufigster Kündigungsgrund sind betriebliche Gründe. Hierbei muss der Arbeitgeber darlegen, dass eine bestimmte Anzahl an Stellen im Betrieb weggefallen ist. In der Regel kündigt der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen nicht allen Arbeitnehmern, sondern nur einem Teil der Belegschaft. Er muss dann eine Auswahl treffen. Bei der Auswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern muss er nach dem Gesetz soziale Gesichtspunkte, nämlich Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung ausreichend berücksichtigen (§ 1 Abs. 3 KSchG). Die Auswahlentscheidung trifft der Arbeitgeber in der Regel mit Hilfe eines Punktesystems, welches die sozialen Gesichtspunkte bewertet. Es entsteht dann eine Rangfolge der für eine Kündigung in Betracht kommenden Arbeitnehmer (allein die Ermittlung dieser Auswahlmenge stellt ein ganz eigenes Problem dar !), durch welche die zu kündigenden Arbeitnehmer ausgewählt werden. Entfallen z.B. 20 von 200 Arbeitsplätzen, so sind bei Anwendung eines solchen Punktesystems grundsätzlich die 20 Arbeitnehmer mit den geringsten Punktzahlen zu kündigen.Bisher gab es hier für den Arbeitgeber ein ganz besonderes Risiko: Unterlief ihm bei der Ermittlung der Punktzahlen ein Fehler mit der Folge, dass auch nur einem Arbeitnehmer nicht gekündigt wurde, der bei richtiger Ermittlung der Punktzahlen zur Kündigung angestanden hätte, so wurden nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes die Kündigungen aller gekündigten Arbeitnehmer als unwirksam angesehen. Dies galt, obwohl bei fehlerfreier Erstellung der Rangfolge nur ein Arbeitnehmer von der Kündigungsliste zu nehmen gewesen wäre (sog. Domino-Theorie). Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr endlich aufgegeben (Urteil v. 9.11.06 – 2 AZR 812/05 – und fünf weitere ) . Kann der Arbeitgeber in Fällen der vorliegenden Art im Kündigungsschutzprozess aufzeigen, dass der gekündigte Arbeitnehmer auch bei richtiger Erstellung der Rangliste anhand des Punktesystems zur Kündigung angestanden hätte, so ist die Kündigung -entgegen der bisherigen Rechtsprechung – nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. In diesen Fällen ist der Fehler für die Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers nicht ursächlich geworden und die Sozialauswahl jedenfalls im Ergebnis ausreichend.Diese Entscheidung war überfällig, denn die Domino-Theorie erhöhte das Risiko des Arbeitgebers, der aus betriebsbedingten Gründen kündigt, ganz erheblich in durch nichts gerechtfertigter Schärfe. Die Erhebung und Bewertung der sozialen Gesichtspunkte gestaltet sich in der Regel als so schwierig und fehleranfällig, dass man fast sicher davon ausgehen durfte, dass Kündigungsschutzklagen der Arbeitnehmer unter Anwendung der Domino-Theorie aussichtsreich waren. Auch mit der neuen Rechtslage ist das Risiko noch hoch genug.

Hinweis: Bei der Durchführung der für betriebsbedingte Kündigungen notwendigen Sozialauswahl können viele Fehler passieren, die weitreichende finanzielle Folgen (z.B. durch Abfindungen) für den Arbeitgeber haben. Dies nicht nur bei der Auswahl unter den in Betracht kommenden Arbeitnehmern, sondern insbesondere auch schon bei der Ermittlung der Gruppe der Arbeitnehmer, die in die Sozialauswahl einbezogen werden müssen (z.B. bei mehreren Betriebsstandorten oder sich überschneidenden Stellenbeschreibungen). Zudem ist nach der jüngsten Änderung des Kündigungsschutzgesetzes schon die Ermittlung der Schwellenwerte für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes eine regelrechte Denksportaufgabe. Wir empfehlen, solche Vorhaben nicht ohne anwaltlichen Beistand anzugehen.

 

 

P.S. Unsere Mandanteninformationen stehen auch im Internet auf unserer Homepage. Wirstellen Ihnen die Mandanteninformationen gerne auch als eMail-Abonnement zur Verfügung.Bitten geben Sie uns hierzu Ihre eMail-Adresse bekannt.