05 / 2011

Informationen für Mandanten und Freunde des Hauses 5/2011

1. BFH ändert Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug
2. Abgeltungsteuer: Musterverfahren gegen eingeschränkten Werbungskostenabzug
3. Steuerprobleme bei ausländischen Investmentfonds

Sehr verehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,

die nachfolgenden Hinweise empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch gar ein Beratungsgespräch ersetzen. Wir möchten mit den Ausführungen den Dialog mit Ihnen anregen. Selbstverständlich erfolgt diese Serviceleistung ohne Berechnung.

FH ändert Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug

Der BFH hat sich in gleich drei Grundsatzurteilen zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer geäußert. Die bisherige Rechtsprechung dazu wurde zum Teil geändert.

Die vom BFH gefällten Urteile betrafen die folgenden Fälle:

Kein Vorsteuerabzug bei steuerfreiem Beteiligungsverkauf

Betroffen war ein Industrieunternehmen, das im Allgemeinen steuerpflichtige Umsätze ausführte, die zum Vorsteuerabzug berechtigten. Die Beteiligung an einer Tochtergesellschaft sollte umsatzsteuerfrei veräußert werden. Dazu wurde das Unternehmen von einer Anwaltskanzlei und einer Bank beraten. Nun ging es darum, ob die Beratungsleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigten. Kann etwa dieses Recht aufgrund der Steuerfreiheit der Beteiligungsveräußerung nicht in Anspruch genommen werden?

Der BFH verneinte das, weil es einen maßgeblichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Beteiligungsveräußerung gebe. Dass das Industrieunternehmen die Beteiligung veräußerte, um den hierdurch erzielten Erlös für seine steuerpflichtige Umsatztätigkeit zu verwenden, rechtfertige als nur mittelbar verfolgter Zweck keine abweichende Beurteilung.

Kein Vorsteuerabzug beim Betriebsausflug

DiesesUrteilbeschäftigtsichdamit,obderVorsteuerabzugbeiBetriebsausflügengerechtfertigtist,wennderUnternehmerselbstVorsteuernabziehenkann.DieFreigrenzebeiBetriebsausflügenetc.beträgt110proteilnehmendemMitarbeiter.DarüberhinausgehendeAufwendungenwerdenalsgeldwerterVorteilbehandelt.WirddieseFreigrenzeeingehalten,gehtderBFHtypisierendnichtvoneinerprivatenMitveranlassungaus.IndiesenFällenwärederUnternehmerzumVorsteuerabzugberechtigt,ohnedasseineEntnahmeversteuertwerdenmüsse.

ImverhandeltenFallüberstiegendieAufwendungenfürdenBetriebsausflugdieFreigrenzevon110 Euro.DerBFHgehtdahervoneinerMitveranlassungdurchdiePrivatsphärederArbeitnehmeraus.NachderbisherigenRechtsprechungwarderUnternehmerdannzwarzumVorsteuerabzugberechtigt,mussteabereineEntnahmeversteuern.DieseRechtsprechunghatderBFHjetztaufgegeben. Anders als bisher besteht bei Überschreiten der Freigrenze für den Unternehmer kein Anspruch auf Vorsteuerabzug. Die bisherige Entnahmebesteuerung unterbleibt damit. Maßgeblich sei hierfür, dass sich Entnahme für unternehmensfremde Privatzwecke und Leistungsbezug für das Unternehmen gegenseitig ausschließen. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, das Betriebsklima zu fördern, ändere hieran nichts.

Hinweis:

Die neue Rechtsprechung kann sich beim Bezug steuerfreier Leistungen, wie z.B. Theaterbesuchen, als vorteilhaft erweisen.

Kein Vorsteuerabzug bei Zuwendung von Erschließungsanlagen

Das dritte Urteil betrifft den Vorsteuerabzug aus Erschließungskosten. Geklagt hatte eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin eine Gemeinde war. Die GmbH hatte sich der Gemeinde gegenüber verpflichtet, öffentliche Anlagen für die Erschließung eines Gewerbegebiets, wie z.B. Straßen, unentgeltlich herzustellen. Die GmbH ging davon aus, dass sie im Hinblick auf die beabsichtigte umsatzsteuerpflichtige Veräußerung der erschlossenen Grundstücke aus den von ihr bezogenen Bauleistungen für die Herstellung von Erschließungsanlagen zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Das verneinte der BFH. Die GmbH hatte während der Bauphase die einzelnen Grundstücke als öffentlich „erschlossen“ verkauft. Aus den Vereinbarungen der GmbH mit der Gemeinde und den Grundstückskäufern ergab sich nach Auffassung der Richter am BFH, dass die GmbH die Absicht hatte, die von ihr hergestellten Erschließungsanlagen einer öffentlich-rechtlichen Widmung zugänglich zu machen. Im Ergebnis sollten sie unentgeltlich an die Gemeinde geliefert werden. Da die unentgeltliche Lieferung einer Entnahme gleichstehe, schlussfolgerte der BFH, dass es einen maßgeblichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen den bezogenen Bauleistungen und einer Entnahme als unentgeltlicher Umsatz gebe. Der Vorsteuerabzug sei daher zu versagen. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, die Grundstücke des Erschließungsgebiets steuerpflichtig zu liefern, ändere hieran nichts.

Hinweis:

In allen drei Entscheidungen betont der BFH, dass Vorsteuern nur dann abgezogen werden können, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwende. Dabei müsse es sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringe und die entweder steuerpflichtig oder wie z.B. Ausfuhrlieferungen einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt seien. Darüber hinaus ist es wichtig, dass zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Nur mittelbar verfolgte Zwecke seien demgegenüber unerheblich.

Quelle:BFH-Urteilvom27.Januar2011,VR38/09;BFH-Urteilvom9.Dezember2010,VR17/10;BFH-Urteilvom13.Januar2011,VR12/08;BFH-Pressemitteilungenvom9.März2011,Nr.17,18und19/11,www.bundesfinanzhof.de

 

Abgeltungsteuer: Musterverfahren gegen eingeschränkten Werbungskostenabzug

Werbungskosten,dieimZusammenhangmitKapitalanlagenangefallensind,wieetwaSchuldzinsenoderDepotkosten,könnenseitEinführungderAbgeltungsteuerimJahr2009steuerlichnichtmehrgesondertgeltendgemachtwerden.SiesindpraktischmitdemSparer-Pauschbetragvon801(Verheiratete:1.602)abgegolten.ObdiesepauschaleAbgeltungüberhauptzulässigist,lässtderBundderSteuerzahlerineinemMusterverfahrenüberprüfen.DasVerfahrenistderzeitbeimFinanzgerichtMünsterunterdemAktenzeichen6K607/11Fanhängig.

Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Steuerpflichtiger mit Unterstützung des Bundes der Steuerzahler gegen den eingeschränkten Werbungskostenabzug geklagt. Die beiden damals anhängigen Verfahren wurden jedoch gerichtlich nicht geklärt. Das erste Verfahren wurde für erledigt erklärt, weil nachträglich Verluste berücksichtigt wurden und die Steuer auf Null festgesetzt wurde. Das zweite Verfahren wurde durch das Finanzamt gestoppt, weil es der Sprungklage nicht zustimmte und die Klage zunächst als normaler Einspruch weitergeführt werden musste. Deshalb hatten die Finanzämter in den überwiegenden Fällen bislang Einsprüche zurückgewiesen.

Ein ähnliches Verfahren ist nun vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen 9 K 1637/10 anhängig. Dort geht es um die Abzugsfähigkeit von Vermögensverwaltergebühren, die im Jahr 2009 angefallen sind. Eine Steuerpflichtige wendet sich in dem Verfahren gegen die steuerliche Streichung der Vermögensverwaltergebühren, da diese ihr aus Altersgründen (Demenz) zwangsläufig entstanden seien und sie ihr Vermögen nicht allein verwalten könne. Der Steuerpflichtigen verblieben nach Abzug der Gebühren tatsächlich nur noch geringe Erträge, versteuert wurden jedoch die Erträge in voller Höhe abzüglich des Sparer-Pauschbetrags. Deswegen fühlt sie sich benachteiligt gegenüber gesunden Personen, die ihr Vermögen selbst verwalten können und keine Verwaltergebühren zahlen müssten.

In die Diskussion um den Werbungskostenabzug bei der Abgeltungsteuer hat sich inzwischen auch der Deutsche Steuerberaterverband eingeschaltet. Er vertritt die Auffassung, dass nach einer gesetzlichen Übergangsregelung der Werbungskostenabzug für Kapitaleinnahmen des Jahres 2008 auch noch in späteren Jahren möglich sei. Die Finanzverwaltung will den Werbungskostenabzug aber nur anerkennen, wenn die Werbungskosten, z.B. Depotgebühren, im Jahr 2008 bzw. ausnahmsweise bis zum 31. Januar 2009 gezahlt wurden. Ein Musterverfahren zu dieser Rechtsfrage gibt es noch nicht.

Hinweis:

Steuerpflichtige können sich auf die hier genannten finanzgerichtlichen Verfahren berufen und damit ihre Einkommensteuerbescheide offen halten. Ob die Finanzämter die Einsprüche ruhen lässt, ist offen. Eine gesetzliche Zwangsruhe gibt es erst dann, wenn das jeweilige Verfahren beim BFH anhängig ist.

Wir unterstützen Sie bei Ihrer Einspruchsführung gerne.

Quelle:BundderSteuerzahler,Pressemitteilungvom3.März2011,www.steuerzahler.de

Steuerprobleme bei ausländischen Investmentfonds

Anleger von thesaurierenden ausländischen Investmentfonds müssen aufpassen. Können sie keine Nachweise über bereits versteuerte thesaurierte Erträge bringen, müssen sie diese u.U. doppelt versteuern. Darauf weist ein aktuelles BFH-Urteil hin.

Ausgangspunkt ist eine Vorschrift im Investmentsteuergesetz, die für ausländische thesaurierende Investmentanteile, die in einem deutschen Depot liegen, keine Pflicht zur Einbehaltung und Abführung von Abgeltungsteuer vorsieht. Diese Pflicht gibt es für die Fondsgesellschaften bzw. Depotstellen nämlich nur, wenn der Fonds von Deutschland aus verwaltet wird.

Hinweis:

Viele Anleger sind sich darüber gar nicht bewusst, dass sie ausländische Fondsanteile in ihrem Depot haben. Man erkennt sie an der Wertpapierkennnummer. Diese beginnt bei ausländischen Anteilen nicht mit dem Kürzel DE (für Deutschland), sondern z.B. bei luxemburgischen Produkten mit LU.

Trotz der nicht einbehaltenen Abgeltungsteuer gelten die thesaurierten Erträge am Ende des Fondsgeschäftsjahres steuerlich als zugeflossen. Der Anleger ist daher verpflichtet, diese Einnahmen über die Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung dem Finanzamt bekannt zu geben, damit es die Abgeltungsteuer im Nachhinein erheben kann. D.h., dass sich der Anleger, solange die Anteile in seinem Depot liegen, selbst um die Versteuerung kümmern muss. Steuerpflichtig sind regelmäßig Dividenden- und Kuponzahlungen. Kursgewinne aus Wertpapieren, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden, genießen Bestandsschutz und müssen nur versteuert werden, wenn die Haltedauer unter einem Jahr liegt.

Werden die ausländischen Fondsanteile allerdings verkauft, fällt Abgeltungsteuer an und zwar in Höhe der sämtlichen steuerpflichtigen Erträge, auch wenn diese bereits Jahre zurückgelegen haben. Der ehrliche Steuerpflichtige hat diese thesaurierten Erträge bereits versteuert. Doch nun muss er sich auch noch darum kümmern, dass er darauf nicht doppelt Steuern zahlt. Eine Korrektur der von der Depotstelle beim Verkauf einbehalten Abgeltungsteuer ist nur im Wege der Steuererklärung möglich.

Das Finanzamt erstattet aber die zu viel einbehaltene Abgeltungsteuer nur, wenn der Steuerpflichtige die bereits erfolgte Besteuerung nachweisen kann, etwa durch Steuerbescheide und Bankunterlagen. Diese Vorgehensweise bestätigte auch der BFH.

Hinweis:

UmdieAufbewahrungderBankunterlagenmüssensichauchdiejenigenSparerkümmern,dieimJahrwenigerals801bzw.1.602(Verheiratete)anKapitalerträgenverdienthaben.IhreErträgesindwegendesSparerpauschbetragszwarnichtsteuerpflichtig,imFalledesFondsverkaufsmüssensie
aber
trotzdemgegenüberdemFinanzamtnachweisen,wiehochdieErträgeindenvorangegangenenJahrenwaren.

Aufpassen müssen auch Erben, für die es u.U. teuer werden kann, wenn sich im Nachlass eine entsprechende Fondsbeteiligung befindet. Gelingt es ihnen nicht, im Nachhinein nachzuweisen, dass die Erträge bereits im Zuflussjahr steuerlich erfasst wurden, können sie sich die beim Fondsverkauf zu viel einbehaltene Abgeltungsteuer vom Finanzamt nicht zurückholen.

Quelle: BFH-Urteil vom 8. September 2010, I R 90/09, DStRE 2011 S. 151; BMF-Schreiben vom 18. August 2009, IV C 1 S 1980 1/08/10019, BStBl. 2009 I S. 931